FEW im Interview mit Golo Weber, dem Gründer von Weinfundus - Grands Vins de Bordeaux

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Herr Weber - Weine begleiteten Sie schon ein ganzes Leben. Vor einigen Jahren gründeten Sie dann mit Weinfundus, Grands Vins de Bordeaux Ihren eigenen Weinhandel. Was hat Sie letztendlich zu diesem Schritt bewogen?

Golo Weber: Wie Sie es schon selbst sagen - zunächst einmal die seit vielen Jahren anhaltende Freude am Thema Wein. In diesen Jahren stellte sich aber auch ein zunehmendes Unverständnis an der teils nicht mehr nachvollziehbaren Preisentwicklung vieler im Rampenlicht stehender Bordeauxweine bei mir ein. Andersrum konnte ich im Rahmen meiner Fahrten nach Bordeaux aber auch schon damals bezahlbare Weine nach Deutschland mitbringen, die nicht nur mich, sondern auch Freunde und gute Bekannte dermaßen überzeugten, so dass sie mich schon damals manchmal fast anflehten, mir doch bei meinem nächsten Besuch in Bordeaux von dem einen oder anderen Wein ein paar Flaschen mitzubringen.



Das klingt ja schon sehr nach dem Startschuß für Weinfundus, Grands Vins de Bordeaux

Golo Weber: Ja, wenn Sie so wollen war dies der eigentliche Startschuß, da in mir die Einstellung reifte, dass gute Bordeauxweine, die viel Freude bereiten, ohne gleich das ganze Haus versetzen zu müssen, einfach einem größerem Publikum zugänglich gemacht werden müssen.



Die hohe Anzahl von Weingütern in der Region Bordeaux bildet heute ein kaum noch zu überschauendes Angebot an Weinen. Wie verschaffen Sie sich eine Übersicht? Fahren Sie etwa von Château zu Château um dort Weine zu verkosten und auszusuchen ?

Golo Weber: (Lacht)....Nein, Gott bewahre - Es ist vielmehr so, dass hier nun meine langjährig erarbeiteten Kontakte nach Bordeaux Früchte tragen. Denn dort erfolgt die erste Vorabauswahl nach allen von mir gestellten Kriterien. Das bedeutet in erster Linie ein gnadenlos gutes Preis-Leistungsverhältnis. Leistung definiere ich hierbei dann als größtmögliche Trinkfreude und einem guten Lagerpotential, was bei einem gutem Bordeaux allerdings auch schon eine Vorraussetzung sein sollte.



Herr Weber, Sind Sie allein für die Auswahl der Weine zuständig?

Golo Weber: Nein, denn Wein ist Geschmackssache, darum verkosten wir sämtliche angebotenen Qualitäten in einem umfangreichen Verfahren, teamorientiert in unserem Hause. Eine ausgefeilte Methodik versetzt uns dabei in die Lage, Weine mit unterschiedlichsten Nuancen in einem aufwendigen Prozess von möglichst vielen Seiten beleuchten und beurteilen zu können. Dies erleichtert mir die finale Auswahl unserer Weine. Letztendlich bin ich zwar derjenige, der die Entscheidung treffen muss, ich lasse mich aber immer dabei durch Ergebnisse unserer Verkostungen lenken und folge auch sehr gern persönlichen Hinweisen und Empfehlungen.



Umfangreiches Verfahren ? Wie läuft so eine Verkostung denn eigentlich ab?

Golo Weber : Um einem Wein tatsächlich fühlen und erleben zu können muss man sich natürlich intensiv mit ihm befassen. Das Procedere hierfür ist eigentlich ganz einfach. Die eigentliche Vorauswahl hat bereits in Frankreich durch die mit uns in enger Partnerschaft stehenden Weinhandelshäuser stattgefunden. Hier im Hause werden dann nur noch die Weine verkostet, die sich dort bereits - in der Auswahl unter etlichen anderen Weinen - als auffällig gut erwiesen haben. Die zur Verkostung anstehenden Weine werden geöffnet und die Flaschen zur Hälfte dekantiert. Die Weine werden dann verkostet und es erfolgen erste Vorabbewertungen. Die geöffneten Flaschen werden wieder verkorkt und erst am nächsten Tage erfolgt dann eine weitere abschliessende Verkostung – im Regelfall 24 Stunden später. Bei dieser halb vollen und verkorkten Flasche Wein findet innerhalb von 24 Stunden durch die langsame Einwirkung von Sauerstoff ein Reifeprozess statt, für den eine ungeöffnete Flasche mehrere Jahre benötigen würde. Wenn Sie so wollen, eine Art Zeitraffer, zumindest was die Weiterentwicklung dieses Weines angeht. Man kann so in die Zukunft schauen und das Lagerpotential und die Güte dieses Weines besser einschätzen. Ein einfacher Wein hätte am nächsten Tag in der Flasche abgebaut, würde sich flach und fade präsentieren und hätte in unseren Verkäufen nichts zu suchen. Ein guter Wein legt in dieser Zeit richtig zu, offenbart seine Aromen voll und ganz, und hat auch sehr an Geschmeidigkeit gewonnen. Bei einer solchen Entwicklung wissen wir, dass wir es mit einem sehr gelungenem Wein zu tun haben und das dieser in jedem Falle Einzug in unseren Shop halten muss.



Viele der von Ihnen in Bordeaux entdeckten Weine konnten in diversen Verkostungen teils sogar den klassifizierten und somit deutlich teureren Weinen dass Wasser reichen. Einige Weinhändler mögen Ihr Engagement dennoch nicht, da diese der Meinung sind, das Sie Ihre Weine zu überzogen offerieren...

Golo Weber: Viele meiner Kollegen, haben die vor 150 Jahren festgeschriebene Klassifizierung gewissermaßen verinnerlicht. Diese kulturelle Altlast verschleiert, das es heute im Bordelais neben den bekannten und somit teuren oder teils auch sehr teuren Châteaux noch tausende weitere weinproduzierende Betriebe gibt, von denen der Eine oder Andere richtig gute Weine produziert. Warum auch immer diese Einsicht hier nicht Fuß fasst, ist für mich bedeutungslos. Für mich ist es entscheidend, das auch diese nicht so bekannten Gewächse selbstverständlich exakt die Beschreibung bekommen, die sie zweifellos verdient haben, und dies völlig unabhängig von der Herkunft, der Lage oder der momentanen Reputation, sondern ausschliesslich ausgehend vom Preis-Genußverhältnis dieses Weines.



Sie haben mit der Auswahl ihrer Weine offenbar innerhalb kürzester Zeit eine große Schar von Weinfreunden erreichen können. Viele schwören auf Ihre Auswahl. Gibt es hier ein Geheimnis ?

Golo Weber: Ein Geheimnis im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Aber um unseren Kunden, die Auswahl aus unserem Programm zu erleichtern, haben wir ein hausinternes Bewertungssystem eingeführt. Zu den Bewertungskriterien zählt neben den Hauptfaktoren wie die Qualität als solches auch immer der Preis. Zum Beispiel haben wir einmal eine Flasche Petrus des Jahrgangs 1959 in unserem Ranking bewertet und aufgrund des exorbitant hohen Preises erreichte dieser Wein gerade einmal einen Platz im oberen Mittelfeld. Dieses Ergebnis finden wir für das Haus Petrus durchaus bedauerlich, für uns zeigt es aber, das eine Einbeziehung des Preises für das Endergebnis eine maßgebliche Rolle spielt.



Quelle: © www.freunde-exclusiver-weine.de vom 09.Oktober 2006